Zwischen den Ländern
Die ehemalige griechische Mitbewohnerin aus Berlin verpasst ihren Anschlussflug in Mailand und sitzt 2 Tage fest. Was liegt da näher als zu mir an den Gardasee zu kommen?
Sie hat ihr zuhause auf Kreta, ist vor 5 Jahren nach Berlin gezogen und kann nun aufgrund der Krise nicht wirklich zurück. Als sie meine Wahlheimat sieht, ist sie platt: "Das ist ein Paradies, jetzt verstehe ich Dich. Du hast alles richtig gemacht!"
Sie ist müde, seit Wochen Schnee, seit Monaten grau, Berlin ist nach ein paar Jahren einfach genug. Für mich nicht, aber ich bin ja auch ein Stadtkind. Trotzdem bin ich lieber hier. Ich trage Winterjacke und Stiefel bei 13 Grad (in der Sonne 19), sie lacht und ich erkläre ihr, dass es abends wirklich noch winterlich kalt ist. Sie, die aus dem tiefsten Süden kommt, am Meer lebt, vor Berlin keine Winterbekleidung hatte, benimmt sich wie eine deutsche Touristin. Dünne Jacke, Gesicht der Sonne entgegengestreckt. Die Ruhe des Sees. Im Hintergrund die schneebedeckten Berge. Palmen am Ufer. Pool im Garten. Wir reden lange über die Situation unserer Länder. Italien geht es (noch?) besser als Griechenland aber ich habe trotzdem Zukunftsangst. Ich verdiene wesentlich weniger als meine Freunde in Deutschland, ein soziales Netz, gibt es hier kaum. In Deutschland wird man gut aufgefangen. Wir kennen Personen, die mehr Unterstützung vom Staat erhalten als ich hier arbeitenderweise verdiene. Und doch meint sie, dass ich alles richtig gemacht habe. Lebensqualität im Alltag.
caliente_in_berlin - March 23, 11:09
Ja so frei und ohne Grenzen sind wir eben doch nicht mehr in unserem feinen Europa - wir sind begrenzt durch Unsicherheiten und unsere eigenen Zukunftsängste. Eigentlich sind wir zu jung und zu gelassen, um vor der Krise Angst zu haben und doch ist sie allgegenwärtig. Völlig egal, ob in Italien, Griechenland oder Deutschland. Die Rahmenbedingungen mögen unterschiedlich sein, trotzdem gehen wir unseren Weg. Weil wir müssen und weil wir alle das Gleiche suchen: das große Glück. Die Definition davon ist allerdings so vielfältig, wie wir verschieden sind. Ob nun Sonne oder Bausparvertrag, Palmen oder dauergrauer Himmel über Berlin, See oder Straßenschluchten - jeder muss sich der Verantwortung für sein Leben stellen, die Konsequenzen seiner Entscheidungen tragen. Ich bin gespannt auf unsere Zukunft, auch wenn ich ihr nicht mehr mit der gleichen Euphorie entgegensehe, wie noch vor ein paar Jahren. Aber ein bisschen Ernsthaftigkeit kann ja manchmal auch nicht schaden. Passt auch einfach besser zum Wetter ;)